Das Projekt: Sozialmonitoring in der Erkundung
Bedarf es eines Sozialmonitorings für das Umland des Frankfurter Flughafens? – Um diese Frage zu beantworten, müssen wissenschaftliche Untersuchungen zunächst aufzeigen, welche Auswirkungen des Flughafens wichtig sind und sich zureichend erfassen lassen. Welche Indikatoren würden sich eignen, um die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Bevölkerung und die Entwicklung der Kommunen abzubilden? Und wie schwerwiegend wären die erfassten Auswirkungen; rechtfertigten sie eine langfristige Beobachtung? Die Untersuchungen können dabei nicht auf vorgefertigte Konzepte zurückgreifen und müssen „erkundend“ (explorativ) vorgehen.
- Beobachtung der strukturellen sozialen Entwicklung im Umland des Flughafens
- Forderung des Regionalen Dialogforums (RDF)
- Pilotstudie: 2008
- Start der Explorationsphase: 2016
- Ende der Explorationsphase: 2023
- Auftraggeber: Umwelt- und Nachbarschaftshaus
- Kosten (aktueller Stand): 1,85 Mio. Euro
Warum ein Sozialmonitoring in der Flughafenregion explorieren?
Am Flughafen wird nicht nur Geld verdient und Beschäftigung nachgefragt; er wirft auch Fragen zu seinem Einfluss auf die soziale Entwicklung der Region und zur Beeinträchtigungen der Umwelt auf. Vor allem nach dem Bau der Startbahn West in den 1980er Jahren stieß die neuerliche Flughafenerweiterung auf Kritik und Widerstand in der Bevölkerung. In einem Mediationsverfahren empfahlen Kritiker und Befürworter im Jahr 1998 Bedingungen und Begrenzungen für die zukünftige Entwicklung des Flughafens. Im Regionalen Dialogforum (RDF) sollten die Empfehlungen aus dem Mediationsverfahren weiter konkretisiert werden. Dazu gehörte die Forderung nach einem Sozialmonitoring, das frühzeitig anzeigt, wie der Flughafen die Sozial- und Wirtschaftsstruktur der Region verändert.
2008 wurde eine Pilotstudie für ein Sozialmonitoring in sechs flughafennahen Städten und Gemeinden durchgeführt. Die Exploration des Umwelt- und Nachbarschaftshauses greift diese Ergebnisse auf, geht aber über den Ansatz der Pilotstudie hinaus.
- Monitoring = Daten regelmäßig erfassen, analysieren und bewerten
- Sozialmonitoring = Soziale Entwicklungen vor Ort anhand einer begrenzten Anzahl von Indikatoren in mehreren Kommunen und/oder Teilgebieten beobachten
Was versteht man unter einem Sozialmonitoring?
In einem Monitoring werden, anders als in Vorstudien oder in der noch laufenden Exploration, nur wenige Daten zu wichtigen Themen oder Handlungsfeldern benutzt und ausgewertet. Entscheidend ist vielmehr, dass die Beobachtung über einen längeren Zeitraum und regelmäßig durchgeführt wird – und hierfür eine begrenzte Anzahl von leicht zu erfassenden Indikatoren vorliegt. Denn erst dann lassen sich Veränderungen und Entwicklungen wiederholt und mit vertretbarem Aufwand beobachten.
Bei einem Sozialmonitoring geht es vor allem um die Beobachtung von strukturellen sozialen Entwicklungen vor Ort, also um Beobachtungen, die für die Gebiete von Kommunen in einer Region oder/und für eigens abgegrenzte Teilgebiete in Kommunen angestellt werden. Ein Sozialmonitoring ist ein Instrument moderner kommunaler Sozialplanung, das Transparenz fördert und die Entscheidungsgrundlagen kommunaler Sozialpolitik und Stadtentwicklungsplanung verbessert.
Die kreisfreien Städte der Region nutzen bereits innerstädtische Monitoring-Verfahren. Die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main führt ein Monitoring für Städte und Kreise durch; doch eine Beobachtung von Gemeinden und Teilgebieten mit dem Schwerpunkt auf dem Einfluss des Flughafens und nach einem gemeinsamen Ansatz gibt es bisher nicht.
Die aktuelle Projektphase: Exploration
Im Dezember 2016 begann die Erkundungsphase, in der die wissenschaftlichen Arbeitsgruppen im Auftrag des UNH umfangreiche Analysen vornehmen, Annahmen überprüfen, Daten aufbereiten und Indikatoren entwickeln. Die Auswirkungen des Flughafens sollen in dieser Projektphase möglichst breit in ihrem Zusammenhang mit den Arbeits- und Lebensverhältnissen in den umliegenden Kommunen untersucht werden. Zugleich sollen für den Bezug der nötigen Daten möglichst viele praktische Schritte eines etwaigen späteren Monitorings erprobt werden. Hierfür legten das UNH und die beauftragten wissenschaftlichen Arbeitsgruppen ein wesentlich größeres Untersuchungsgebiet als in der Pilotstudie zugrunde, das deutlich mehr Gemeinden einschließt.
Wenn die Entwicklungen der Kommunen zusammen mit wichtigen Wirkungen des Flughafens probeweise erfasst wurden und Daten auf Städte- und Gemeindeebene und für kleinere Teilgebiete aufbereitet worden sind, kann entschieden werden, ob und in welchem Umfang ein Sozialmonitoring der Flughafenregion sinnvoll ist.
Was wird in der Exploration untersucht?
Wie entwickeln sich Wertschöpfung, Beschäftigung und Steueraufkommen in der Region – und gibt es direkte oder indirekte Wirkungszusammenhänge mit dem Flughafen? Wie entwickeln sich die Städte und Gemeinden durch Zusammensetzung, Wanderung und Haushaltsstruktur der Bevölkerung – und müssen Wirkungen des Flughafens hierbei berücksichtigt werden? Welche Auswirkungen des Flughafens überhaupt können gut, welche nur mit erheblichem Aufwand erhoben werden? Und was folgt hieraus für die ökonomischen, sozialen und persönlichen Teilhabebedingungen, mit denen Einwohner vor Ort umgehen müssen? Die Antworten bilden die Grundlage für den Aufbau eines möglichen Sozialmonitorings.
Was leistet die Exploration darüber hinaus?
Die Teilgebiete der Flughafenregion sind untereinander wirtschaftlich, sozial und infrastrukturell eng verflochten. Sie unterscheiden sich allerdings nach ihrer Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur, nach den typischen Lebenslagen ihrer Wohnbevölkerung, nach den ansässigen Unternehmen und ihrer Wertschöpfung sowie nach Dichte und Qualität der Arbeitsplätze.
Auftraggeber und Finanzierung
Auftraggeber der Entwicklung eines Sozialmonitorings ist das Umwelt- und Nachbarschaftshaus (UNH), eine Tochter des Landes Hessen und Geschäftsstelle des Forum Flughafen und Region (FFR). Eine zentrale Aufgabe des UNH ist es, neutrale und transparente Informationen und Daten zu den Auswirkungen des Frankfurter Flughafens auf die Region bereitzustellen. Dem bereits bestehenden Fluglärm- und Umweltmonitoring soll ein Sozialmonitoring zur Seite gestellt werden, wenn sich die flughafenbezogene soziale (sozioökonomische) Entwicklung der Kommunen hinreichend beobachten lässt. Die Kosten von ca. 1,85 Millionen Euro für die Entwicklungsphase zum Sozialmonitoring trägt das Umwelt- und Nachbarschaftshaus.